Gerade zurück mit der OMV aus dem schönen Elsaß, soll hier ein geschichtlicher Rückblick auf dieses so geschichts- und kulturträchtige ehemalige deutsche Reichsland Elsaß und seine heutige Situation gegeben werden.
Nachdem der germanische Stamm der Alemannen 406 im Dezember den zugefrorenen Rhein überschritten und 496 die Franken unter dem Merowingerkönig Chlodwig die Alemannen besiegten und sich im südlichen Oberrheingebiet ansiedelten, gehörte das Elsaß unter Karl d. Gr. zum Kernland des Frankenreichs und fiel nach den Teilungen unter seinen Enkeln durch den Vertrag von Meersen 870 an das Ostfränkische Reich und damit an das spätere Deutsche Reich unter Ludwig d. Deutschen. 925 wurde unter Heinrich I. das Elsaß mit dem Herzogtum Alemannien zum Herzogtum Schwaben vereint. 1079 - 1268 regierten die schwäbischen Hohenstaufen als Herzöge im Elsaß. Es war das Kernland der Staufer, die 1138 die Kaiserwürde erlangten. Kaiser Friedrich I. Barbarossa residierte häufig in seiner Liebingspfalz in Hagenau im Unterelsaß. Von 1268 - 1648 regierten die Habsburger im Elsaß, die sich nach dem Dreißigjährigen Krieg von ihren Besitzungen im Elsaß zurückzogen.
Nun kamen die Franzosen als europäische Großmacht unter Ludwig XIV. ins Spiel, als sich die Schweden nach ihrer Niederlage 1634 in Nördlingen aus dem Elsaß zurückziehen mussten. Schon spätestens unter den französischen Kardinälen Richelieu und Mazarin, dem Erzieher Ludwig XIV., herrschte das Bestreben, sich der Umklammerung Habsburgs in Spanien und dem Hl. Röm. Reich dt. Nation zu entziehen, mit dem Ziel, die deutschen Besitzungen am Rhein als "natürliche frz. Ostgrenze" zu erobern. Das betraf primär das Elsaß und Lothringen. Unter fadenscheinigen Begründungen wurden unter Ludwig nach dem Abzug der Habsburger sog. "Reuinionskammern" eingesetzt, die Erbansprüche auf linksrheinische deutsche Gebiete begründen sollten. Im Bündnis mit dem Osmanischen Reich nutzte Ludwig jeweils die Gunst der Stunde, beim Einfall der Osmanen auf dem Balkan ins Hl.Röm.Reich, scheibchenweise das Elsass zu annektieren und über Rhein und Mosel zu setzen, um auch Baden und die Pfalz zu erobern. Die Ruine des Heidelberger Schlosses zeugt noch heute von den Zerstörungen Heidelbergs u. der Pfalz durch die Raubkriege Ludwigs 1689 und 1693 im Pfälzischen Erbfolgekrieg. Selbst die alte neutrale Reichsstadt Straßburg, die seit 1354 mit Kolmar, Hagenau, Kaysersberg u.a. dem "Zehnstädtebund" angehörte, ließ Ludwig 1681 besetzen. Durch Ludwigs ständige Raubzüge entstand die legendäre deutsch-französische "Erbfeindschaft". Zwar ließ Frankreich noch die deutsche Sprache und Kultur im Elsass gewähren, so dass Goethe noch 1770/71 an der deutschsprachigen Universität Straßburg Jura studieren konnte, doch mit der Frz. Revolution 1789, die auch die Geburt des frz. Nationalismus war, begann die destriktive Unterdrückung des Deutschtums im Elsaß, verstärkt unter Napoleon bis zu seiner Niederlage bei Belle-Alliance/Waterloo 1815.
Auf dem Wiener Kongress 1814/15 sollte ein Gegengewicht zu dem seit 1812 erstarkten Russland erreicht werden. Frankreich konnte seine linksreinischen Gebiete, einschließlich das Elsaß, behalten. Erst nach der Niederlage Frankreichs gegen Preußen 1870/71 wurde das Elsaß und ein Teil Lothringens wieder in das neugegründete Deutsche Reich integriert, was den Hass Frankreichs verstärkt auf sich zog und zur "Revanche" im I. Weltkrieg beitrug. Nach dem für Deutschland verlorenen I. Weltkrieg kam das Elsaß 1919 durch das Versailler Diktat wieder an Frankreich. Anstatt, wie von vielen Elsässern 1924 gefordert und 1926 von den Franzosen blutig niedergeschlagen, wurde das Elsaß kein autonomer und neutraler Staat zwischen Deutschland und Frankreich. Nach Frankreichs Niederlage im II. Weltkrieg kam das Elsaß von 1940-45 erneut an das Deutsche Reich und nach Beendigung des II. Weltkriegs 1945 wieder an Frankreich.
Dieser leidvollen Geschichte wurde politisch von den Westmächten Rechnung getragen, indem 1949 der Europarat und über die Montanunion 1951 und die Römischen Verträge die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1957 mit dem EU Parlament gegründet wurde, die ihren Sitz in Straßburg haben. Das EU-Parlament ist im steten Wechsel sowohl in Brüssel als auch in Straßburg präsent, ein teurer Kompromiss, da Frankreich auf dem Standort Straßburg besteht.
Heute haben sich seit der deutsch-französischen Aussöhnung und Verständigung durch den Deutsch-frz. Vertrag seit 1963 von Adenauer und de Gaulle die Vorurteile und jahrhundertealten Wunden weitgehend überholt. Beide Länder sind in der EU und NATO und stimmen überwiegend ihre Außenpolitik und politischen Fragen regelmäßig ab. Davon profitiert auch das Elsaß. Während die deutsche Sprache und Kulturpflege nach dem II. Weltkriege im Elsaß unterdrückt wurde, kann seit den 70er Jahren Deutsch im elsässischen Dialekt wieder unterrichtet und gesprochen werden. Seit einigen Jahren gibt es in Straßburg eine Beschriftung der Straßennahmen und Plätze auf Französisch und Deutsch. Auch Ortsnamen im Elsaß sind schon vielfach zu ihren alten elsässisch/deutschen Bezeichnungen zurückgekehrt. Ein Rückschritt war in jüngster Zeit, als die sozialistische Bildungsministerin Latein und Deutsch als "elitäre" Sprachen im Unterricht reduzieren wollte und das Elsaß mit Lothringen und der Champagne ab 2016 zu einem neuen Departement zuzammengefasst werden soll, angeblich aus wirtschaftlichen Gründen gegenüber der finanzschwachen Champagne, obwohl diese historisch und kulturell überhaupt nicht mit Elsaß-Lothringen verbunden ist. Trotzdem, viele positive deutsche Kulturvereine, Deutsch-französische Einrichtungen (Schulen, Krankenhäuser, Seniorenheime u.a.) Städtepartnerschaften, wirtschaftliche und politische Beziehungen und Projekte sowie private Freundschaften haben sich heute im Elsaß gebildet und tragen zu einer Deutsch-französischen Freundschaft bei. Hoffen wir, dass sie sich ständig weiterentwickelt und auch die letzten noch vorhandenen Barrieren fallen!
Manfred Lietzow
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