Die Hölle von Verdun 1916

31.03.2016

"Verdun ist ein Krieg für sich allein im Ersten Weltkrieg" (Paul Valéry)

Vor 100 Jahren,vom 21.02.-19.12.1916, fand die Schlacht von Verdun in Lothringen statt. Ein spektakulärer Festungsgürtel liegt bei der frz. Kleinstadt Verdun (18 T. Ew.) an der Maas, ein geschichtsträchtiger Platz von altersher. 843 wurde hier das Frankenreich (Karolinger Reich) zwischen Karl d. Kahlen, Ludwig d. Deutschen und Lothar I. gedreiteilt (Vertrag von Verdun). 1792 verjagten die Preußen hier die frz. Revolutionsarmee. Im Deutsch-französischen Krieg 1870/71 erfolgte erneut eine Besetzung Verduns. Nach dem deutschen Sieg über Frankreich 1870/71 und der Rückführung Elsaß-Lothringens ins Deutsche Reich, wurde Verdun bis 1914 mit 40 Befestigungen, darunter 19 Forts mit 27 T. Mann Besatzung und 5000 Arbeitern ausgebaut. Die Festung Verdun erwies sich als Sperrriegel beim Weitermarsch der deutschen Truppen auf Paris.

Unter dem Oberbefehl des Kronprinzen Wilhelm und seines Generalstabschafes Erich von Falkenhayn begann ein pausenloser Artillerie-Angriff am 21.02.1916 um 8.10 Uhr mit 1220 Geschützen. Bereits am 25.02.1916 war das Fort Douaumont durch einen Handstreich erobert worden. Ein schneller Fall der gesamten Festung Verdun wurde bei den Franzosen befürchtet. Da wurde der General Philippe Pétain zum Retter und "Held von Verdun". Er stabilisierte die Front um Verdun und strebte genau wie Falkenhayn einen Abnutzungskrieg an. Es gelang den Franzosen Douaumont am 22.-24.05. und endgültig am 24.10.1916 einzunehmen. Dagegen war nach dreimonatigem Angriff endlich das Fort Vaux in deutscher Hand, doch im Juli mussten vier Divisionen von der Verdunfront abgezogen werden, um den Zusammenbruch der k. u. k. Armee im Osten durch die Brussilow-Offensive der Russen zu verhindern. Gleichzeitig hatten am 24.06. Briten und Franzosen die Schlacht an der Somme eingeleitet, die vielfach das Massensterben von Verdun noch übertraf.

Durch den Abzug weiter Teile an die Sommefront und Abwehr der Brussilow-Offensiv sowie das Scheitern seines letzten großen Angriffs gegen Fleury, Thiaumont und Cote Froide Terre, befahl Falkenhayn am 11.07.1916 die Einstellung jeglicher Offensiven gegen Verdun und demissionierte am 29.08. nachdem auch noch einen Tag zuvor Rumänien in den Krieg gegen die Mittelmächte eingetreten war. Sein Nachfolger wurde Hindenburg mit seinem Gen.Stabschef Ludendorff, die die Offensivaktionen beendeten und zu einem festen Stellungssystem übergingen. Nachdem auch Fort Vaux am 02.11.1916 aufgegeben werden musste, war die Eroberung von Verdun endgültig gescheitert.  Die "Hölle von Verdun" hatte zum Tod von 167 T. Franzosen und 143 T. Deutschen sowie ca. 400 T. Verwundeten ohne große Geländegewinne und eine strategische Beeinflussung des Frontverlaufs im I. Weltkrieg geführt."Sie sind nicht durchgekommen" steht auf dem Denkmal des stark umkämpften Hügels "Toter Mann". Die französische Hoffnung hatte sich grausam bestätigt. Allein 130 T. nicht identifizierte Gefallene beider Seiten sind im Beinhaus von Douaumont beerdigt worden.

Keine der Kriegsparteien hatte aus dem Massensterben gelernt, weder die Siegermächte der Entente noch die Mittelmächte. Das für Deutschland demütigende Diktat von Versailles führte 1939 zum II. Weltkrieg, wo diesmal Verdun am 15.06.1940 schon nach einem Tag eingenommen wurde. Das Sterben von Stalingrad 1942/43 ließ jenes von Verdun 1916 in den Schatten stellen. Aber noch heute zeugen die Relikte auf Verduns Schlachtfeldern von der Intensität der Kämpfe. Zahlreiche Bombenkrater, wenn auch begrünt, lassen die furchtbaren Geschehnisse von 1916 lebendig werden. Zwei Mio. Blindgänger, Reste von Giftgas und Sprengstoffen sollen sich noch im Boden befinden! Eine Tragödie ersten Ranges.

Erst langsam überwanden die ehemaligen "Erbfeinde" Frankreich und Deutschland ihre Antagonismen.1963 wurde der Élysee-Vertrag als Beginn einer deutsch-französischen Freundschaft geschlossen. 1984 besuchten Francois Mitterand und Helmut Kohl zusammen die Schlachtfelder von Verdun und standen Hand in Hand an der Gedenkstätte des Beinhauses von Douaumont und  nach zweijähriger Umbauzeit wurde das Mémorial de Verdun (erbaut 1967/69) zu einer deutsch-französischen Gedenkstätte umgestaltet und im Februar 2016 wiedereröffnet. Möge sie sich noch mehr festigen die deutsch-französische Freundschaft!

Manfred Lietzow